Recyclingquote entscheidend für kritische Rohstoffe wie Phosphor

Phosphor (P) ist ein Schlüsselnährstoff in der globalen Lebensmittel-Wertschöpfungskette, aber wohl auch eines der am meisten unterschätzten essentiellen Elemente im Periodensystem. Obwohl die Europäische Kommission 2014 Phosphatgestein in ihre Liste der kritischen Rohstoffe aufgenommen hat, muss jetzt mehr getan werden, um gleichzeitig Rückgewinnungstechnologien zu fördern und die Marktakzeptanz von recyceltem Phosphor zu steigern.

01 Sept. 2021

Kurz gesagt: Phosphor ist ein unentbehrliches Element für alle Lebensformen und spielt unter anderem eine wichtige Rolle beim Energiestoffwechsel von Pflanzen und Tieren, beim genetischen Material (DNA) sowie für die Nervenzellen und Knochen.

– Deshalb ist Phosphor eine Schlüsselkomponente in landwirtschaftlichen Düngemitteln, die das Wachstum, die Vitalität und den Ertrag von Pflanzen fördern, und in Futterphosphat, das die Vitalität und Gesundheit von Nutztieren sicherstellt, erklärt Anna Lundbom, Marketing- und Produktverkaufsleiterin bei EasyMining.

Phosphor ist allerdings ein endlicher Rohstoff, der in erster Linie aus Phosphatgestein (Apatit) gewonnen wird, das nur in wenigen Lagerstätten auf der ganzen Welt vorkommt. Darin liegt die Herausforderung. Weltweit werden etwa 85 Prozent des gewonnenen Phosphats als Düngemittel und etwa 7 Prozent als Viehfutter verwendet. In Europa gibt es eine Minein Finnland, doch über 90 Prozent des in der EU verwendeten Phosphors werden von außerhalb der EU importiert wird. Angaben von Eurostat und Fertilizers Europe aus dem Jahr 2017 zufolge werden in den EU-27 jährlich etwa 1,1 Millionen Tonnen Phosphor (P) in Düngemitteln verwendet.

Zunahme der Klärschlammverbrennung

Dies bedeutet, dass die gesamte Wertschöpfungskette der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie in der EU fast vollständig von Phosphorimporten abhängig ist – mit allen geo- und soziopolitischen, sowie logistischen Risiken, die eine solche Abhängigkeit mit sich bringt. Unter dem Gesichtspunkt des Kreislaufs „wachsen, essen, koten und spülen“ ist es daher naheliegend, dass Klärschlamm, ein Rückstand aus kommunalen Kläranlagen, die natürliche Hauptquelle für das Phosphor-Recycling ist. Die Verwendung von Klärschlamm als Düngemittel ist jedoch streng geregelt, da er andere unerwünschte Bestandteile wie Schwermetalle, Arzneimittelrückstände, Verbraucherchemikalien und Mikroplastik enthält und gleichzeitig auch mit landwirtschaftlichen Reststoffen wie Gülle und Gärresten um limitierte Agrarflächen konkurriert.

Deshalb nimmt die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm ab. Alternativ entwickelt sich die Klärschlammverbrennung immer mehr zur bevorzugten Methode der Schlammverwertung. Das gilt insbesondere für Länder mit hoher Bevölkerungsdichte wie die Niederlande und Deutschland. Durch die Verbrennung wird das Volumen des Klärschlamms substanziell reduziert und die hygienische Sicherheit gewährleistet, und organische Verunreinigungen wie Arzneimittelrückstände, Mikroplastik oder PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen) werden eliminiert.

Nutzung von Klärschlammasche

Nach Angaben von EasyMining wurden im Jahr 2017 in den EU-27 schätzungsweise 990.000 Tonnen Klärschlammtrockenmasse verbrannt. Bis zum Jahr 2030 wird sich diese Zahl voraussichtlich auf rund 2,26 Millionen Tonnen mehr als verdoppeln. Die bei der Verbrennung anfallende Klärschlammasche enthält sowohl den erwünschten Phosphor (allerdings in einer Form, die nicht mehr pflanzenverfügbar ist) als auch unerwünschte Schwermetalle. Das heißt, dass der Phosphor als Asche nicht in der Landwirtschaft wiederverwertet werden kann und auf einer Deponie landet. Ein Problem, dessen sich EasyMining angenommen hat.

Mit Ash2Phos hat EasyMining ein proprietäres chemisches Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor ohne Verunreinigungen aus der Asche entwickelt.

– Die Asche aus unverdünnt verbranntem kommunalem Klärschlamm (Monoverbrennung) enthält in der Regel sieben bis zehn Prozent Phosphor, was sie zu einer ergiebigen Quelle für die Phosphor-Rückgewinnung macht, sagt Anna Lundbom.

Der dreistufige chemische Prozess ist energieeffizient und erfolgt bei Raumtemperatur und atmosphärischem Druck.

– Mit unserem Extraktionsverfahren Ash2Phos können wir mindestens 90 Prozent des Phosphors aus der Klärschlammasche zurückgewinnen, erklärt Lundbom.

Quoten zur Förderung der Marktakzeptanz erforderlich

Bereits 2014 nahm die Europäische Kommission Phosphatgestein in ihre Liste der kritischen Rohstoffe auf. In jüngster Zeit hat die Kommission in ihrer „Farm-to-Fork“-Strategie das Ziel vorgegeben, die Nährstoffverluste um mindestens 50 Prozent zu reduzieren, ohne die Bodenfruchtbarkeit zu beeinträchtigen, was zu einer Verringerung des Düngemitteleinsatzes um mindestens 20 Prozent führt dürfte.

Beim Phosphor-Recycling sind Deutschland und die Schweiz am weitesten: Hier wird die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm für Kläranlagen verpflichtend – in der Schweiz für alle Abwässer und Tiermehlaschen, in Deutschland für Kläranlagen ab 50.000 Einwohnerwerten. Schweden denkt über einen ähnlichen Weg nach. Daher betreibt EasyMining in Deutschland und Schweden seine ersten beiden kommerziellen Projekte in Schkopau bzw. Helsingborg, die sich jeweils in verschiedenen Entwicklungsstadien befinden.

– All diese Initiativen sind begrüßenswert und gut für die Förderung der Ressourceneffizienz insgesamt, fördern aber nicht unbedingt die Verwendung von recyceltem Phosphor anstelle von Primärphosphor. Der Green Deal der EU reagiert auf dieses Problem und verweist auf mögliche gesetzliche Anforderungen zur Förderung des Marktes für Sekundärrohstoffe mit obligatorischem Recyclinganteil.[i]. Deshalb schlagen wir vor, eine schrittweise Erhöhung der Quote für recycelten Phosphor in Düngemitteln auf fünf Prozent im Jahr 2030 vorzunehmen, sagt Anna Lundbom. Sie betont, dass es sich dabei um eine Gesamtmarktquote handeln sollte, also auch für importierte Düngemittel, und nicht um eine obligatorische Beimischung zu allen phosphorhaltigen Düngemitteln.

Anna Lundbom, Marketing- und Produktverkaufsleiterin bei EasyMining


Warum fünf Prozent?

Ausgehend von den aktuell (2017) in Europa (EU-27, Norwegen, Schweiz und Großbritannien) anfallenden Mengen an Klärschlammasche von etwa 500.000 Tonnen und einem durchschnittlichen Phosphorgehalt von neun Prozent ergibt sich ein verfügbares Phosphorpotenzial von über 45.000 Tonnen. Da prognostiziert wird, dass die jährlich anfallende Menge an Klärschlammasche bis 2030 auf fast 1,2 Millionen Tonnen ansteigen wird, erhöht sich das Phosphorpotenzial auf über 108.000 Tonnen. Bei einer Rückgewinnungsquote von 90 Prozent könnten bis zum Ende des Jahrzehnts jährlich rund 97.000 Tonnen dieses Potenzials aus Klärschlammasche mithilfe des Verfahrens von EasyMining verarbeitet werden.

– Dies entspricht mehr als acht Prozent des Phosphors, der derzeit in den EU-27 als Düngemittel verwendet wird. Diese Zahlen zeigen, dass eine Fünfprozentquote, die allein auf der Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammasche beruht, durchaus machbar ist. Dabei wurde eine allgemeine Verringerung des Düngemitteleinsatzes im Rahmen der ‚Farm-to-Fork‘-Strategie noch gar nicht berücksichtigt. Darüber hinaus kann und sollte die Quote erhöht werden, wenn andere Quellen für recycelten Phosphor wie z. B. Struvit (Ammoniummagnesiumphosphat) mit einbezogen werden, bemerkt Lundbom.

Diese Idee sei nicht neu, wie sie betont. Im November 2020 wurde in einem von der Deutschen Phosphor-Plattform DPP e.V.[ii] vorgelegten Memorandum empfohlen, dass die Bundesregierung weitere Möglichkeiten wirtschaftlicher Anreize zur Förderung des Marktzugangs von Phosphorrezyklaten durch Einpreisung von Umweltkosten, Quoten, Subventionen/Steuern, Marktsteuerung durch Verbote/Gebote und gleiche Cadmium-Grenzwerte für alle Düngemittel prüft.

Regulatorische Anpassungen erforderlich, um den Kreislauf zu schließen

Bei der Verwendung als Futterphosphat, dem zweiten großen Markt für Phosphor, seien weitere rechtliche Hürden zu überwinden, da die derzeitigen Vorschriften auf der Herkunft und nicht auf der Qualität basieren, wie Anna Lundbom erläutert.

– Die derzeitigen Rechtsvorschriften für Futtermittelerzeugnisse sind linear und verbieten die Verwendung von rückgewonnenen Nährstoffen, die aus der Abwasserbehandlung stammen, um eine Kontamination der Nahrungskette zu verhindern. Wir gewinnen jedoch Phosphor aus der Asche thermisch zersetzter Klärschlämme zurück. Unser Ash2Phos-Verfahren kommt ohne problematische Einsatzstoffe oder Chemikalien aus. Die Massenbilanz des Verfahrens sei günstig und es werden 96 bis 100 Prozent der Schwermetall-Verunreinigungen in der ursprünglichen Asche entfernt, sagt Anna Lundbom.

Der letzte Punkt ist besonders wichtig. Das recycelte Phosphorprodukt von EasyMining – gefälltes Kalziumphosphat (PCP) – ist sauberer und enthält viel weniger toxische Schwermetalle, wie etwa Cadmium (Cd), als primäres Phosphatgestein. Das bedeutet, dass es nach einer Gesetzesänderung als Endprodukt in Futterphosphaten und Düngemitteln für den ökologischen Landbau verwendet werden könnte – ohne die zusätzlichen Reinigungsschritte, die derzeit erforderlich sind, um Verunreinigungen aus aus Phosphatgestein gewonnenen Produkten zu entfernen.

Darüber hinaus könnte der verstärkte Einsatz von recyceltem Phosphor aus Klärschlammasche in der Landwirtschaft längerfristig eine entgiftende Wirkung haben, indem er z. B. den Gesamtcadmiumgehalt in der Lebensmittelwertschöpfungskette senkt.

– Durch die Einführung einer obligatorischen, zusätzlichen Quote für sauberen, recycelten Phosphor für in der EU verkaufte und verwendete Düngemittel und die Aktualisierung der Vorschriften mit Schwerpunkt auf der Phosphor- bzw. Produktqualität würde die EU eine weltweite Vorreiterrolle in dieser Entwicklung übernehmen. Es würde nicht nur die ehrgeizigen Ziele des europäischen Green Deals unterstützen, sondern auch die Investitionen der Industrie in Kreislauflösungen ankurbeln, grüne Arbeitsplätze schaffen und die europäische Autonomie in wichtigen Lieferketten stärken. Eine höhere Marktakzeptanz von rückgewonnenem Phosphor wird die Umsetzung beschleunigen und sich für die EU zugleich kosteneffizient auswirken, schließt Anna Lundbom.